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Michael Roher, 2.10.2022

Interview mit dem Illustrator und Kinderbuchautor Michael Roher

"Ich halte mir gern offen, für welche Technik ich mich entscheide."

Aus seiner Hand ist unser KUKUDU entstanden. Lasst euch hier vorlesen, wie er zum Kinderbuchzeichner geworden ist und wie er es anstellt, neue Figuren zu erfinden.

Wie hast du gemerkt, dass du Kinderbücher zeichnen und schreiben willst?

Die Leidenschaft zum Zeichnen begleitet mich schon, seit ich ein Kind bin. Als ich erwachsen wurde, überlegte ich, dieses Talent zum Beruf zu machen. Ich dachte, ich könnte Grafikdesign oder Malerei an einer Kunstuniversität studieren. Da ich mir aber nicht vorstellen konnte, den ganzen Tag vor dem Computer zu arbeiten, fiel Grafikdesign schon mal weg. Und dann hatte ich noch Bedenken, dass mir die Lust und Freude am Zeichnen vergehen würde, wenn ich damit Geld verdienen müsste und darauf angewiesen wäre, Aufträge zu machen, die ich vielleicht gar nicht machen mag. Also entschied ich, Zeichnen soll lieber ein Hobby bleiben.

Während meiner Ausbildung zum Sozialpädagogen gab es ein Unterrichtsfach, das Kinder- und Jugendliteratur hieß. Zum Abschluss dieses Seminars schrieb ich einen Kinderroman über Mobbing und illustrierte diesen auch gleich. Da merkte ich, diese Arbeit würde mir sehr gefallen, und fing an, mir Geschichten auszudenken und diese zu illustrieren.

Etwas blauäugig habe ich anfangs meine Geschichten relativ erfolglos an Verlage und Preisausschreibungen geschickt. Nachdem ich nur Absagen oder gar keine Antworten erhielt, habe ich kleine Auflagen meiner Geschichten selbstproduziert und bei Weihnachtsmärkten verkauft. Und nachdem die Menschen auf den Weihnachtsmärkten mir immer so positive Rückmeldung gaben, blieb ich dran.

Mein Schlüsselerlebnis war dann der Romulus Candea Preis, der Preis für ein unveröffentlichtes Bilderbuchprojekt. Meine Lebensgefährtin Elisabeth und ich haben gemeinsam ein Buch eingereicht, das zwar nicht den Preis gewonnen hat, aber dafür ist ein Verlag auf uns aufmerksam geworden.

Zwei Jahre später habe ich dann den Preis bekommen mit dem Buch „Fridolin Franse“.  Das war so um 2010 herum, jetzt bin ich bei vier Verlagen und veröffentliche regemäßig Kinderbücher.  

Aber ich erfinde nicht nur selbst Kinderbücher, sondern zeichne auch für andere Autorinnen und Autoren.

Wie ist der Ablauf, wenn du ein Buch einer anderen Autorin oder eines Autors illustrierst? Wie gehst du an die Entwicklung der Figuren und Bilder heran?

Wenn ich einen Text bekomme, dann lese ich mir den einige Male konzentriert durch. Dabei tauchen schon ein paar Bilder in meinem Kopf auf. Keine ausgereiften Bilder, aber so Gefühle und Farben. Ich überlege, welche Technik die Stimmung in meinem Kopf am besten wiedergeben könnte. Wenn ich weiß, mit welchen Stiften, Farben oder mit welcher Technik ich arbeiten werde, werden meine Vorstellungen konkreter.  

Diese Entwicklung ist ein längerer Prozess. Ich frage mich, ist die Geschichte poetisch oder frech, witzig oder ernst, und so orientiere ich mich an der Farb- und Technikwahl. Manchmal tauchen aber auch gleich konkrete Motive in meinem Kopf auf. Und manchmal vergeht auch viel Zeit, bis ich den nächsten Schritt machen kann. Welche Farbe für den Hintergrund, welche Farbe für die Hose, …? Wenn diese Fragen ungeklärt bleiben, muss ich auch manchmal innehalten, zwei Schritte zurück gehen und überlegen und dann geht es oft wieder rasant weiter.

Wie ist das bei deinen eigenen Geschichten? Ist da zuerst der Charakter, um den du eine Geschichte baust, oder eine Geschichte, die du dann mit Figuren und Handlungen erblühen lässt?

Meist kommt die Geschichte oder die Idee für eine Geschichte zuerst und ich schreib dazu den Text. Beim Schreiben des Textes tauchen dann auch schon Bilder von Figuren und Szenen in meinem Kopf auf. Der Prozess ist automatisch und bedingt sich auch. Das eine inspiriert das andere. Ich mag beides sehr gern. Ich schreibe und kreiere eigene Ideen sehr gerne, aber ich illustriere auch sehr gern andere Texte. Das ist wie eine Herausforderung. Es ist noch nichts da, erst der Text schenkt mir die Möglichkeit, neue Bilder zu entdecken. Ich wäre vielleicht selbst nie auf die Idee gekommen. Die Geschichte des letzten Buches, das ich illustriert habe, hat mich dazu gebracht, alles mit Kugelschreiber zu zeichnen. Das war eine große Herausforderung, aber auch eine wunderschöne Erfahrung.   

Ich probiere generell sehr gern neue Techniken und neuen Stile aus. Ich habe daher auch keinen wirklichen Wiedererkennungsstil. Aber ich behalte mir gern die Offenheit, dass ich nach der Geschichte oder nach Lust arbeite.

Hast du einen Lieblingsstift?

Ich kann sagen, ich male nicht so gern mit einem Pinsel. Ich bin mehr derjenige, der gerne zeichnet, also würde ich Bleistift, Fineliner und auch Farbstifte zu meinen Lieblingsstiften zählen. Aber ich mach auch gern Collagen und verschiedene Drucktechniken.

Wenn du einen Charakter entwickelst, wie unseren KUKUDU, wie gehst du vor?

Wenn es ein Auftrag ist, dann möchte ich die Idee der/des Erfinder:in kennenlernen. Wir setzen uns zusammen und tauschen uns aus. Denn beide müssen sich dabei wohl fühlen. Dann skizziere ich mehrere Varianten, wie ich es mir vorstelle. Bei einem weiteren Treffen werden dann die Vorstellungen nochmal konkretisiert. Oft kommen so Wünsche wie ein bisschen von der einen Figur, aber die Hose von der anderen und statt gelbe vielleicht lieber rote Haare und so wird aus der Skizze langsam ein Charakter. Auch beim KUKUDU habe ich zwei Varianten gemalt und der jetzige KUKUDU ist aus einer Mischung von beiden entstanden.

Werden deine Figuren manchmal lebendig für dich, wenn du so lange an ihnen arbeitest?

Manchmal entstehen Figuren bei mir, weil es im Leben eine vorausgegangene Geschichte gibt, und daraus entwickeln sich bei mir dann Charaktere oder Geschichten. Aber ich glaub, mich hat noch keine Figur im Traum besucht.  Nein, warte, doch! Einmal lag ich nachts wach, da erschien mir Herr Lavendel. Daraus entstand dann das Kinderbuch „Herr Lavendel“.

 

Vielen Dank für das tolle Gespräch!

Michael Roher illustriert eigene Geschichten und die von anderen Autor:innen. Für seine Bilderbücher erhielt Michael Roher bereits mehrere Auszeichnungen (u.a. Österr. Kinder- und Jugendbuchpreis, Mira-Lobe-Stipendium, Outstanding Artist Award im Bereich Kinder- und Jugendliteratur und 2021 den ersten Christine-Nöstlinger Preis). Er ist bei verschiedenen österreichischen Verlagen vertreten und hat eine bemerkenswerte Reihe an wunderschönen Büchern rausgebracht. Über sein aktuelles Buch könnt ihr hier mehr erfahren.