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Vanessa Url-Aigner, 12.1.2023

Kunst mit Kindergartenkindern

Wenn Musiker:innen und Künstler:innen in Kindergärten eingeladen werden, um dort mit den Kindern in kreative Prozesse einzutauchen, nennt man das kulturelle und ästhetische Bildung. In Deutschland wird dazu schon länger geforscht und hinterfragt, welche Vorteile Kinder aus der Kunstvermittlung ziehen können. Auch in Österreich erlangt das Thema kreatives Arbeiten mit Kindergartenkindern immer mehr Anerkennung. Was Elementarpädagog:innen und viele Eltern schon lange bemerken, wird jetzt anhand von Ausbildungen, Publikationen und Forschungen gesehen und gefördert.

Kinder sind von Anfang an höchst kreativ. Dieser Glückszustand soll gefördert und unterstützt werden.

Was heißt "frühkindliche ästhetische Bildung" eigentlich?

Durch das Spielen mit den Künsten – Singen, Tanzen, Malen, Musizieren – bilden Kinder Verbindungen mit dem Ich zur Welt. Man kann diese Methode auch als Orientierungshilfe bezeichnen. Das heranwachsende Kleinkind steht in ständigem Austausch mit dem Ich und seiner Umwelt und versucht darin, für sich Orientierung zu schaffen. Die ästhetische Bildung im Elementarbereich unterstützt die Kinder darin, was sie sowieso machen würden, wenn der Rahmen es ihnen ermöglicht. Das heißt, wenn Kleinkinder genug Zeit, Freiheit und Sicherheit haben, um zu explorieren, Erfahrungen zu sammeln und dabei ganz von selbst ihre Kreativität entfalten.  

Ästhetische Bildung im Kindergarten ist vielleicht weniger eine Bildung im herkömmlichen Sinne als mehr eine aufmerksame Begleitung. Künstler:innen, Musiker:innen und Pädagog:innen begleiten die Kinder in ihrem kreativen Schaffen mit Impulsen. Da kann schon mal das überdimensional große Papier am Boden mit den unbekannten Malfarben im Kind eine ganze Menge neuer Ideen entstehen lassen.

Warum die Kunst?

Dabei spielen künstlerische Handlungsweisen deshalb eine große Rolle, weil die Kinder diese intuitiv als Werkzeug heranziehen. Im Rollenspiel mit anderen Kindern, beim Geschichten erfinden in der Bewegung oder beim zurückgezogenen Kritzeln und Malen. Sich selbst finden und von anderen als Individuum wahrgenommen werden sind die Motoren einer gesunden Entwicklung.

Was spricht dafür?

Sehr schön in Worte gefasst wurde das vom „Netzwerk Frühkindliche Kulturelle Bildung“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. In ihrem Statement „Sieben gute Gründen für frühkindliche kulturelle Bildung" schreiben sie unter anderem:

„Bei der Auseinandersetzung in und mit den Künsten stehen sinnliches Erfahren und individuelle Empfindungen im Mittelpunkt. Kinder werden so in ihrer Selbst- und Weltwahrnehmung gestärkt und fassen Vertrauen in ihr subjektives Erleben. Eigensinnig lernen sie sich selbst kennen. Künstlerisch-ästhetisches Tun eröffnet ihnen die Möglichkeit, sich aktiv mit der Welt auseinander zu setzen und diese hör-, sicht- und spürbar mitzugestalten. Dies fördert Zuversicht und Selbstvertrauen: Kinder erleben, dass sie ernstgenommen werden und etwas bewirken können.“

Was ich hervorheben möchte, sind folgende drei Punkte:

  • fassen Vertrauen zu ihrem subjektiven Erleben
  • Mut, die Welt mitzugestalten
  • Kinder erleben, dass sie ernst genommen werden und etwas bewirken können

Darin können wir unsere Kinder unterstützen, und zwar, wenn wir die richtige Balance finden zwischen Impulse geben und sich zurücknehmen, einfach nur beobachten, um im richtigen Moment einen weiteren Impuls anzubieten.

Was brauch es dazu?

Ganz oben auf der Liste der Dinge, die Kinder brauchen, um sich entfalten zu können, ist die Sicherheit und diese entwickelt sich aus:

  • Vertrauen: ein Kind muss sich wohlfühlen in der Gruppe, in der es sich täglich befindet, Vertrauen zu den Pädagog:innen haben sowie eine Vertrauensbeziehung mit den Eltern führen.
  • Regelmäßigkeit: ein wichtiger Faktor, den man gerne übersieht, sind gewohnte Tagesabläufe und das Einhalten von vereinbarten Regeln. Regeln engen nicht ein, sondern verhelfen gerade kleinen Kindern, sich in einem geschützten und klar definierten Rahmen auszubreiten.

Vertrauen zu Hause aufbauen kann wie folgt aussehen:

Wenn Sie sich mit Ihrem Kind hinsetzen und bewusst ein Spiel beginnen oder eine kreative Tätigkeit gemeinsam machen wollen, dann nehmen Sie sich dafür 100% Zeit, machen Sie sich mit dem Kind einen Zeitrahmen aus, in dem Sie sich nur ihm widmen. Auch wenn die Kinder noch nicht bewusst verstehen, was fünf Minuten oder eine Stunde bedeuten. Aber so lernen die Kinder, ein Zeitgefühl zu entwickeln.

Legen Sie bewusst das Handy weg. Erklären Sie auch den anderen Familienmitgliedern, dass Sie keine Ablenkung dulden. Und widmen Sie sich voll und ganz Ihrem Kind. Was passiert, wenn man zwischen dem Spielen ständig aufsteht, um etwas anderes zu tun? Das Kind entwickelt eine Unsicherheit. „Bleibt Mama/Papa, geht Mama/Papa?“ Spielen wird für das Kind ein ständiger Stress und kann nicht in eine kreative Phase hineingleiten, da es ständig mit der Unsicherheit beschäftigt ist, ob denn die Phase des Spiels schon wieder vorbei ist.

Auch wiederkehrende Aktionen wie ein Gong einer Glocke kann das Kind erinnern, dass jetzt die Spielphase zu Ende geht. Kinder können sich dann in den Flow fallen lassen und darauf vertrauen, dass erst der Gong die Aktivität mit der Bezugsperson beendet.

Dieses Prinzip der 100% Aufmerksamkeit, die wiederum eine Bespaßung rund um die Uhr verhindern soll, kommt unter anderem aus dem pädagogischen Konzept von Emmi Pikler und ist in ihrem Buch „Miteinander vertraut werden“ ausführlicher beschrieben.[1]

Wenn diese zwei Faktoren gegeben sind, dann sind eurer Vielfalt an Impulsen keine Grenzen mehr gesetzt. Spiele, Ideen, Anleitungen findet ihr quer durch die Künste in unserem Blog.

 


[1] E.Pikler, A.Tardos „ Miteinander vertraut werden. Herder, Freiburg,Basel,Wien 1992

Vanessa Url-Aigner ist Medienvermittlerin und Filmemacherin. Außerdem ein Teil des Teams von Lehre & Vermittlung im MKM und recherchiert für den KUKUDU® Familienblog.