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Viola Rosa Semper, 18.4.2023

Und jetzt alle im Kreis!

Tanzen ist zeiten-, kulturen- und generationenübergreifend. Besonders beliebt bei Kindern sind Kreistänze, aber warum eigentlich?

„Es ist leicht zu erkennen, wie kulturübergreifend wichtig der Tanz für den Menschen ist“, sagt Tecumseh Fitch, Kognitionsbiologe an der Universität Wien. Musik und Bewegung, zwei Zutaten, die glücklich machen. Kommt die Erfahrung in der Gruppe hinzu, ist der Endorphin- und Serotoninrausch (zwei Hormone, die beim Tanzen freigesetzt werden und für Euphorie und Glücksgefühl zuständig sind) perfekt.

So vielseitig der Tanz ist, möchten wir uns nun auf eine bestimmte Art fokussieren: die bei Kindern besonders beliebten Kreistänze. Diese gehören zu den Gruppentänzen, zu denen etwa auch Volks- bzw. Folkloretänze zählen.

Wie der Tanz begann

Nach dem Ursprung des Tanzes zu Fragen, heißt nach dem Ursprung des aufrechten Ganges zu fragen. Menschen tanzen, seit sie auf zwei Beinen stehen. Schon auf steinzeitlichen Felsmalereien sind Tanzabbildungen zu erkennen. Dieses innere Grundbedürfnis nach rhythmischer Bewegung sehen wir auch, wenn ein Kind sich zum ersten Mal auf die eigenen Füße hochzieht. „Noch vor dem Laufenlernen, wenn Kinder gerade stehen können, fangen sie an, in den Knien zu wippen, sobald sie Musik hören. Das ist in allen Kulturen gleich“, berichtet Tanzpädagogin Susanne Bargfrede, die an der Lola Rogge Schule in Hamburg unterrichtet.

Musikkognitionsforscher Gunter Kreutz von der Universität Oldenburg vertritt die Meinung, dass Tanzen sogar entscheidend für die kognitive Entwicklung der Menschen war. „Wahrscheinlich ist [Tanzen] in der Evolution so erfolgreich gewesen, weil es geholfen hat, die kognitiven Funktionen zu verbessern. Vielleicht hat sich die Menschheit nur durch den Tanz so weit entwickelt.“ Kein Wunder also, dass sich verschiedene Tanzstile quer über den Globus verteilt, ausgebreitet und entwickelt haben.

Verbunden in der Bewegung und im Kreis

Während jede Form der gemeinsamen Bewegung zu Musik das Verbundenheitsgefühl und die Bindung in der Gemeinschaft stärkt, eignet sich das Tanzen aufgrund der vielen positiven Auswirkungen besonders. Mit Kindern sind vor allem Kreistänze zu empfehlen. Diese gehören zu den ältesten, nachgewiesenen Tanzformen. Kein Wunder, denn die Kreisform erfüllt wichtige Funktionen. Sie gibt Ordnung im Raum, Anhaltspunkte an den anderen Tanzenden und schafft durch seine Geschlossenheit ein Gefühl von Zusammenhalt und Geborgenheit.

Bei Kinderkreistänzen wird vor allem die Kombination von Konzentration, Motorik, Rhythmus und Sprache gefördert. Die Bewegungsabläufe werden dabei für die Kinder laut angekündigt und mitgesprochen. Hierfür eignen sich Tanzspiellieder besonders gut, denn dann können die Kinder schnell mitsingen.

Bei Kreistänzen geht es nicht um die Art, wie sich die Kinder bewegen, sondern vor allem um die Bewegungsrichtung im Raum. Das fördert auch die kognitive Leistungsfähigkeit. Einen klaren Zusammenhang dafür fand Elizabeth Spelke von der Harvard University. Sie konnte zeigen, dass tanzende Kinder in Geometrie-Tests besser abschnitten und ein höheres räumliches Vorstellungsvermögen besitzen.

Das Tanzen im Kreis ist für Kinder eine wohltuende Erfahrung: Die gemeinsamen Bewegungsrichtungen ermöglichen es den Kindern, sich als Teil eines Ganzen zu empfinden: „Jetzt tanze nicht nur ich allein, sondern wir tanzen zusammen.” Die Geschlossenheit vermittelt zudem ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.

Schwierigkeiten im Kreistanz

Trotz der vielen positiven Eigenschaften des Kreistanzens kann es auch zu Schwierigkeiten kommen. Kinder haben zum Beispiel ganz eigene Wünsche, wem sie die Hand geben möchten und wem eben nicht. Wer vor dem Lostanzen auf diese Bedürfnisse eingeht und die Geschlossenheit des Kreises nicht erzwingt, kann das Problem rasch lösen. Vielleicht möchte Kind A ja die Position noch einmal wechseln und lieber Kind C die Hand geben, als der Mama von Kind B?

Manche Kinder sind vielleicht noch vorsichtiger und möchten erst einmal zusehen. Sobald sich aber ein kleiner Kreis gebildet hat, und das geht schon zu dritt, sollte mit dem Kreisspiel begonnen werden. Am besten wird ein erstes, kurzes Lied mehrfach wiederholt. So können die anderen Kinder, die erst später einsteigen möchten, schnell in den Kreis integriert werden.

Einen Kreistanz selbst entwickeln

Viele Bücher, CDs und auch Online-Materialien bieten Musik und Anleitungen für bestimmte Kinderkreistänze. Aus wenigen einfachen Handlungsaufforderungen kann aber auch ein eigener Kreistanz gebastelt werden.

Mögliche Handlungsanweisungen sind:

- Zusammen in eine Kreisrichtung gehen

- Richtungswechsel

- Zusammen in die Mitte kommen (Die Art, wie dabei in die Mitte gegangen wird, kann dabei variieren: normal zur Mitte gehen, auf Zehenspitzen, auf den Fersen, so schnell wie möglich, mit den Händen erhoben, oder ganz tief in den Knien, ...)

- Hände loslassen und sich eine Runde am eigenen Platz im Kreis drehen

- Hände loslassen und klatschen

- Hände loslassen, durch die Mitte gehen und einen neuen Platz im Kreis suchen

 

Grundsätzlich gilt, dass beim ersten Lied nur mit wenigen Elementen gestartet werden soll. Es reicht, die ersten drei Handlungselemente mehrfach zu tanzen. Kinder haben Freude an Wiederholungen und wenn sie – noch bevor die sprachlichen Anweisungen ausgesprochen werden –  aufgrund der Musik erkennen, welche Bewegung als Nächstes folgt, erfahren sie ein Erfolgserlebnis.

Kreistänze eignen sich auch besonders für Kindergeburtstagsfeste, um die Gruppendynamik zu verbessern und den Kindern zu ermöglichen, ungezwungen miteinander Spaß zu haben. Sie decken das Bedürfnis nach Bewegung und bauen Hemmungen zwischen den Kindern ab.

 

Und nun heißt es Ausprobieren! Viel Freude beim Lostanzen!

KUKUDUs Reigen

"Ringe, Ringe, Reihe um

KUKUDU der macht sich krum

KUKUDU der macht sich lang

wir sind voller Tatendrang!"

Viola Rosa Semper studierte Meteorologie an der Universität Wien. Nach dem Studium wandte sie sich vollständig der Literatur und der deutschen Sprache zu. Seit 2017 arbeitet sie als freie Autorin, Texterin, Lektorin und Tutorin für Deutsch als Fremdsprache. Sie leitet unter anderem die Schreibwerkstatt für Kinder und Jugendliche in St.Pölten.

https://viola.semper.at/